Gleich hinter der Tür des Ateliers im »Heim Im Grüt« - meinem sowie deinem momentanen Arbeitsort - finden sich ehemals weisse Malschürzen. Sie sind über die Jahre wild und bunt bespritzt, die Flecken gehen beim Waschen mit der Maschine kaum mehr heraus. So sind sie zu den Zeitzeugen eines intensiven Schaffensprozesses geworden. Die teilnehmenden Klienten haben keine Probleme ihr benötigtes Material, Pinsel und Farben, Stifte und Papier, Leim, Karton, Schere, Faden und vieles mehr zu finden. Berührungsängste, sich kraftvoll in ihrer eigenen Art künstlerisch auszudrücken und ihre Werke den anderen zu präsentieren, finden sich hier selten.
Im Fokus steht dabei für mich das {ganz individuelle} Arbeiten mit den Klienten. Jede:r bringt ihre/seine andere Frage mit, hat andere Fähigkeiten und Möglichkeiten, jede:r möchte eine andere Antwort und Echo finden. In der Erfahrung zeigte sich, dass dabei die pädagogische, rezeptive Kunsttherapie [KT]für das therapeutische Arbeiten eine wichtige Grundlage bildet. Ich arbeite gerne in Gruppen, da hier, vereint durch das künstlerische Tun, die schwierigsten Klienten nebeneinander bestehen können und allein dadurch bereits die Stärkung des Selbstwertgefühls entstehen kann.
Die Klienten möchten am Ende der Therapieeinheiten gerne ein "gutes Ergebnis" haben, dass sie in ihrem Zimmer aufhängen oder der Welt in einer Ausstellung zeigen wollen. Eine grössere Herausforderung für mich als Therapeutin, sie in ihrem kreativen Prozess auch mit Widerstand und Krise zu konfrontieren sowie zu begleiten. Dies gelingt durch verschiedene therapeutische Methoden, sowie z.B. das Variieren von Techniken oder Materialien. Fantasievolle Ideen sind dabei gefragt, um das therapeutische, reflektierende Arbeiten, neben dem künstlerischen Fokus zu ermöglichen. 2014 gestalteten die Klienten in einem Projekt ihr eigenes Kunstbuch bildWORTbildWORT. Zu von ihnen gestalteten, ausgewählten Bildern entstanden für mich als Kunsttherapeutin die eindrücklichen Texte, die als Buch bestellt und angesehen werden können unter: www.heimimgruet.ch
Immer wieder wird durch das kreative Arbeiten etwas angestossen, was zu einer verblüffenden Selbsterkenntnis über eigene Fähigkeiten und Ressourcen »führen« kann. Gelingt es über das künstlerische Tun und die eigene Auseinandersetzung eine Verankerung bis in den Lebensalltag hinein zu etablieren, "ist Montag ein roter Tag", wie ein Klient freudig mitteilte.
Seit ein paar Jahren mache ich gute Erfahrung mit dem gemeinsamen Malen und Gestalten von Kunstwerken. Hierbei können auch Klienten mit begrenzten motorischen Fähigkeiten künstlerisch ihrem Selbst Ausdruck geben. Das Recherchieren von Sujets, Form und Materialwahl sowie die anschliessende Umsetzung geschieht in einem partnerschaftlichen Prozess, in dem alle Beteiligten wachsen dürfen und können.