Doch Lee Miller hatte sich entschieden, sie wollte hinter der Kamera arbeiten. In Man Rays Pariser Atelier ging sie in die Lehre. Und als Kriegskorrespondentin für die britische Vogue in den 1940er Jahren war Miller eine der wenigen Fotografinnen im »Kampf« ... zu sehen. Sie lieferte einige der ersten fotografischen Beweise des Holocaust und dokumentierte die Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau.
Im August 1944 gelang es zwei Häftlingen des Konzentrationslagers Auschwitz eine Serie fotografischer Aufnahmen der Exekutionen. Während einer der beiden Häftlinge die Wachmänner der SS im Auge hielt, machte ein Mitgefangener 4 Aufnahmen, die das Gelände um das Krematorium V zeigen. Georges Didi-Huberman widmet sich diesen Bildern, dieser Paradoxie in seinem Buch: Bilder trotz allem (2007), da diese Bilder so gut wie nichts zu sehen geben, aber gleichwohl unersetzliche Überreste sind. Diese Fotografien sind »Bilder trotz allem«, »images malgré tout«. »Berufen wir uns nicht auf das Unvorstellbare« - mit dieser Aufforderung beginnt Didi-Huberman. Hiermit ist von Anfang an die Skepsis gegenüber der These formuliert, die in den Lagern begangenen Morde seinen Fälle des Unvorstellbaren schlechthin. Die Geschehnisse in den Lagern, so der französische Psychoanalytiker Gérard Wajcman, seien für immer bilderlos, ohne eine Spur des Vostellbaren, eine »Zerstörung ohne Ruine«. Didi-Huberman geht es keineswegs darum, diese These einfach umzukehren. Und in den fraglichen Aufnahmen Zeugnisse und Beweise zu sehen, die das Geschehen in den Lagern begreifbar machen würden. Zwei Weisen gäbe es, diese Bilder nicht zu sehen: die eine mache aus ihnen
Ikonen des Horrors,
in denen man - auch um den Preis von Detailvergrösserung und Retusche - »alles« erkennen wolle. Die andere versuche, die Bilder auf den Status von
Dokumenten zu reduzieren
und dabei alles Nicht-Informative aus dem Bildraum auszuschliessen. Es ist das Wagnis, jenen schmalen Grat (Edge) zu beschreiten, der sich zwischen diesen Positionen auftut:
Ausgrabungen 2Ausgrabungen 1
Sie war auch dafür bekannt, Pablo Picasso und andere herausragende Künstler zu fotografieren
Das „Ideal der Dunkelheit“ bietet sich laut TW Adorno (Ästhetische Theorie 1959-69) als mögliche Antwort der bildenden Kunst auf die „schwarzen Löcher“ von Auschwitz und die seit 1945 unaufhörlichen Massaker an: „Um die Realität in ihrer extremsten und düstersten Form zu überleben, kunstwerke, die sich nicht als trost verkaufen wollen, müssen sich dieser realität gleichsetzen.
Radikale Kunst ist heute gleichbedeutend mit dunkler Kunst; seine Grundfarbe ist schwarz.
Viele zeitgenössische Produktionen sind irrelevant, weil sie darauf keine Rücksicht nehmen und sich kindisch an Farbe erfreuen. Das inhaltliche Ideal der Schwärze ist einer der tiefsten Impulse der Abstraktion.“ Adorno schließt: „Mit der Verarmung der Mittel, die das Ideal der Schwärze mit sich bringt, verarmt auch das Geschriebene, Gemalte, Komponierte; die fortschrittlichsten Künste treiben diese Verarmung an den Rand des Schweigens ( am Rande des Verstummens ).“
5 Antworten auf „trotzdem kein bild des ganzen“
https://hyperallergic.com/560448/the-women-of-atelier-17-christina-weyl/
https://www.arte.tv/de/videos/092125-000-A/lee-miller/
https://poets.org/poem/zero-plus-anything-world
danke vielmal
https://loeildelaphotographie.com/en/lee-miller-interview-with-antony-penrose/
Super interessant! Ich wusste nichts davon! Es gibt so unglaublich viel mutige bemerkenswerte Frauen❣️
Danke Birgit für diesen hervorragenden Beitrag!
Liebe Grüße Antje
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